Fokus auf das Wesentliche
In unserem Alltag sind wir jeden Tag mit neuen, aufregenden Dingen konfrontiert: seien es die - leider meist negativen - Nachrichten, neue Angebote von Geschäften oder auch unser Feed in den sozialen Medien. Unser Gehirn liebt “neue” Dinge, denn die sind zumeist aufregend und erwecken schnell unser Interesse. Unser Belohnungssystem schüttet verschiedene Botenstoffe aus, die diese Dinge so aufregend machen und daran ist auch nichts falsch, solange wir uns nicht von ihnen lenken lassen. Denn auch wenn ein neues Produkt, eine neue Trainingsmethode oder Ernährungsform oder ein brandneues Supplement uns im ersten Moment fesseln, faszinieren und uns eine Verbesserung unseres Lebens, Trainings, oder Fortschrittes auf einem bestimmten Gebiet versprechen, so sollten wir in Frage stellen, ob dem wirklich so sein kann oder ob es sich nur um einen Marketing-Trick handelt.
Viele “game-changing” Tipps verschwinden nämlich so schnell wieder, wie sie aufgetaucht sind und bevor wir sie überhaupt ausprobieren konnten, ist bereits ein neues Thema in aller Munde. Leider leben wir in einer Zeit, in der Medien und Unternehmen die Physiologie unseres Gehirns mit gezielten Marketing-Strategien schamlos ausnutzen und soziale Medien uns immer mehr abstumpfen und mit kürzeren und dichteren Videos füttern, die unsere Aufmerksamkeitsspanne nicht überstrapazieren, damit wir das ganze wie ein Spiel betrachten und zum weiterscrollen animiert werden. So schnelllebig wie die Inhalte, die wir konsumieren, verschwindet auch wieder unser Interesse an denselben und am Ende des Tages haben wir zwar viel gesehen, aber wenig Substanzielles erfahren oder erlebt. Ich möchte keineswegs die (sozialen) Medien pauschal als schlecht darstellen oder unsere Zeit als Ganzes. So vielfältig wie die Inhalte, die wir konsumieren, sind nämlich auch die Menschen und es muss sich heute niemand mehr “anders” oder “ausgeschlossen” fühlen, wenn man nur danach geht, ob man über das Internet Gleichgesinnte finden kann.
Doch ich möchte auch den Wert davon betonen, den Konsum von Input von außen, sei es in digitaler oder schriftlicher Form, zu limitieren und sich nur auf sich selbst zu fokussieren. Viele Dinge lenken uns nämlich davon ab, in uns selbst zu gehen und uns zu fragen, was wir selbst wirklich vom Leben wollen, welche Ziele wir verfolgen und was wir dazu tun können und müssen, um diese zu erreichen. Wenn man die ganzen vielfältigen Ablenkungen einmal außen vorlässt und merkt, dass viele unserer “Bedürfnisse” nach dem neuesten, teuersten und vermeintlich so viel besseren Produkt nur künstlich erzeugt werden, kann uns bewusst werden, was wir eigentlich wirklich brauchen, um glücklich zu sein und was nicht. Gleichzeitig ermöglicht uns ein gewisser Fokus, tatsächlich in unsere Interessensgebiete einzutauchen und mehr zu erfahren als oberflächliche, einseitig dargestellte Informationen. Wir können uns vertiefen und Bücher lesen, lange Podcasts hören und uns auf ein Thema konzentrieren, ohne dabei ständig unsere Aufmerksamkeit woanders hinzulenken. Und wir können näher bei uns bleiben und unsere Ziele verfolgen, ohne von außen davon abgehalten zu werden.
Besonders wenn es um sportlichen Progress geht, wäre es sehr leicht, sich von immer neuen, gehypten und trendigen Workouts und Diet-Tipps lenken zu lassen, von einem Zug zum nächsten zu springen, nur um im Endeffekt auf der Stelle zu treten. Denn wie auch bei der Informationsaneignung gilt, dass erst mit einem gewissen Fokus Fortschritt wirklich möglich ist. Es ist nicht der perfekte Trainingsplan, das neueste Superfood oder die teuerste Massage-Pistole, die den größten Effekt auf unseren Fortschritt haben, sondern unsere Ausdauer und Konsistenz in “langweiligen”, standartisierten Prozessen, beruhend auf den Säulen Training, Ernährung und Regeneration. Wenn wir nach einem Trainingsplan trainieren, Woche für Woche, dazu unsere Makronährstoffe decken und Kalorienüberschuss oder -defizit einhalten und auf regelmäßigen und ausreichend Schlaf achten, so haben wir bereits mindestens für 80% unseres Trainingserfolgs gesorgt - und zwar unabhängig davon, ob wir nun nach den neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen trainieren oder nach Bauchgefühl. Auch in anderen Lebensbereichen brauchen wir den Fokus für das Wesentliche: welche Aufgaben sind wirklich wichtig, welche mehr ein Bonus? Wie möchten wir unsere Zeit wirklich verbringen? Wo liegen die Prioritäten in unserem Leben? Wenn wir die Antworten auf diese Fragen kennen, dann sollten wir unseren Fokus auf genau diese Dinge legen, auch wenn es oft einladender ist, sich an nicht zielführenden Diskussionen zu beteiligen oder die neuesten Posts unserer Lieblings-Influencer anzusehen.
Ich möchte damit nicht sagen, dass irgendetwas davon verwerflich oder schlecht ist, ganz im Gegenteil - wir brauchen auch Erholungsphasen, in denen sich unser Gehirn entspannen kann und wir vielleicht wirklich gedankenlos im Internet surfen wollen, weil uns das gut tut und Abstand zum Alltag gewinnen lässt. Doch wenn wir voller Energie und Tatendrang sind, sollten wir diesen nicht darauf verschwenden, kurzlebigen Dingen oder einer “instant gratification” nachzujagen. Denn wenn wir unsere Ressourcen in längerfristige Projekte - Training, Ernährung, Gesundheit, Job etc. - stecken, dann ist dies zwar kurzfristig nicht so aufregend und vielleicht manchmal langweilig oder monoton. Doch längerfristig wird es sich mehr als auszahlen, denn Dinge, auf die wir wirklich stolz sind, entstehen erst, wenn wir eine gewisse Zeit und Energien in sie investiert haben. Wenn wir wissen, dass wir uns bewusst dazu entschieden haben, unserem Plan zu folgen und fokussiert geblieben sind, auch wenn wir Versuchungen im Außen ausgesetzt waren. Wenn wir Ausdauer bewiesen und Konsistenz gezeigt haben - und nicht “Perfektion”, sondern unser langfristiges Ziel und unsere Prioritäten im Fokus behalten haben. Wenn wir diesen Fokus an den Tag legen, kann uns nichts und niemand davon abhalten, dass wir über kurz oder lang unsere Ziele erreichen und zu glücklicheren Menschen werden - denn glücklich ist nicht, wer alles hat oder weiß, sondern wer weiß, was er eigentlich alles hat und dass es das ist, was er/sie wirklich will - denn auch das kann man nur herausfinden, wenn man einen gewissen Fokus behält.